Carl Spitzweg - The night watches


Carl Spitzweg
1808 München - 1885 ebenda
The night watches
Inscribed with S in rhombus and "Spitzweg" (in pencil). Adhesive label from the 1985/86 exhibition on the frame verso with indication of the catalogue number 712. Oil auf cigar box wood (stamped "HUPMANN"). 21.1 x 13.9 cm. Restored. Minor damage. Framed (40 x 32.5 cm).
Der Nachtwächter auf einer schmalen gepflasterten Straße einer kleinen Stadt. Links und rechts hohe Häuser, die teils verschattet, teils vom Mondlicht beleuchtet sind. Im Hintergrund ein hoher Turm mit Uhr. Im nachtdunklen Himmel funkeln vereinzelte Sterne. Das indirekt einfallende Mondlicht wird von der Feuchtigkeit auf den Blättern des Buschwerks links und auf der Mauer dahinter glitzernd reflektiert, rechts ein Brunnen. Auch dessen Wasser leuchtet im Mondlicht, ebenso ein kleines Rinnsal auf der Straße. Das rötlich-goldene Licht der Laterne des Nachtwächters findet seine Entsprechung in einem kleinen erleuchteten Fenster hoch im obersten Geschoss eines Hauses links.
Siegfried Wichmann fühlt sich durch die geschilderte Situation an eine Beschreibung in den "Nachtwachen nach Bonaventura" von August Klingemann erinnert, einem satirischen Roman, der 1804 anonym erschien. Dort heißt es bezüglich der Ersten Nachtwache:
"Die Nachtrunde schlug, ich hüllte mich in meine abenteuerliche Vermummung, nahm die Pike und das Horn zur Hand, ging in die Finsternis hinaus und rief die Stunde ab, nachdem ich mich durch ein Kreuz gegen die bösen Geister geschützt hatte. Es war eine von jenen unheimlichen Nächten, wo Licht und Finsternis schnell und seltsam miteinander abwechselten. Am Himmel flogen die Wolken, vom Winde getrieben, wie wunderliche Riesenbilder vorüber, und der Mond erschien und verschwand im raschen Wechsel. Unten in den Straßen herrschte Totenstille, nur hoch oben in der Luft hauste der Sturm, wie ein unsichtbarer Geist. Es war mir schon recht und ich freute mich über meinen einsam wiederhallenden Fußtritt, denn ich kam mir unter den vielen Schläfern vor wie der Prinz im Märchen in der bezauberten Stadt, wo eine böse Macht jedes lebende Wesen in Stein verwandelt hatte, oder wie ein einzig Übriggebliebener nach einer allgemeinen Pest oder Sündflut. Der letzte Vergleich machte mich schaudern, und ich war froh ein einzelnes mattes Lämpchen noch hoch oben über der Stadt auf einem freien Dachkämmerchen brennen zu sehen. Ich wußte wohl, wer da so hoch in den Lüften regierte, es war ein verunglückter Poet, der nur in der Nacht wachte, weil dann seine Gläubiger schliefen, und die Musen allein nicht zu den letzten gehörten."
Ein Poet! Auf Spitzwegs wohl berühmtestem Gemälde ist ein solcher in seiner Dachkammer wiedergegeben. Verarmt, über sich den Regenschirm aufgespannt, um die das Dach durchdringende Nässe abzufangen. Ein "armer" Poet, in den Nachtwachen als "verunglückt" bezeichnet. Wenn Wichmanns Vergleich unserer Szene mit Klingemanns "Nachtwachen", die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts großer Popularität erfreuten, zutrifft, dann schließt sich hier ein Themenkreis in Carl Spitzwegs Kunst: 1839 entstand "Der arme Poet", um 1880 "Der Nachtwächter" mit seinem Bezug zum erleuchteten Fenster der Kammer eines armen Poeten. Das vorliegende Gemälde als Summe von Spitzwegs Künstlerleben: Denn auch mit nächtlichen Szenen (wie der "Scharwache" oder dem "Ständchen") ist Spitzweg fest im Gedächtnis der Kunstfreundinnen und -freunde verankert!
Literature: cf. Wichmann, Siegfried, Carl Spitzweg und die französischen Zeichner. Daumier - Grandville - Gavarni - Doré. Exhibition Catalogue. Munich, Haus der Kunst, 23 November 1985 - 2 February 1986. Herrsching 1985, page 499, catalogue number 712 (with technical details of the larger version of the subject). - Der., Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke - Gemälde und Aquarelle. Stuttgart 2002, page 486, catalogue raisonné number 1297 (with coloured illustration): present painting. There dated circa 1880. - "Nachtwachen nach Bonaventura", published by Wolfgang Paulsen. Stuttgart 1986, page 5 f.
provenance: Auction Sothebys, "Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts", Munich, 9 November 1988, catalogue number 70. - Private owner, South Germany.
Ausstellung: Carl Spitzweg und die französischen Zeichner. Daumier - Grandville - Gavarni - Doré. Munich, Haus der Kunst, 23 November 1985 - 2 February 1986, cat. no. 712 (according to label on the frame verso).
Carl Spitzweg
1808 München - 1885 ebenda
Der Nachtwächter
(nach Bonaventura). Rücks. mit S im Rhombus sowie "Spitzweg" (in Bleistift) bezeichnet. Auf der Rahmenrückseite Klebeetikett der Ausstellung 1985/86 (s. u. ) mit Angabe der Kat.-Nr. 712. Öl auf Zigarrenkistenholz (Stempel "HUPMANN"). 21,1 x 13,9 cm. Rest. Min. besch. Rahmen (40 x 32,5 cm).
Der Nachtwächter auf einer schmalen gepflasterten Straße einer kleinen Stadt. Links und rechts hohe Häuser, die teils verschattet, teils vom Mondlicht beleuchtet sind. Im Hintergrund ein hoher Turm mit Uhr. Im nachtdunklen Himmel funkeln vereinzelte Sterne. Das indirekt einfallende Mondlicht wird von der Feuchtigkeit auf den Blättern des Buschwerks links und auf der Mauer dahinter glitzernd reflektiert, rechts ein Brunnen. Auch dessen Wasser leuchtet im Mondlicht, ebenso ein kleines Rinnsal auf der Straße. Das rötlich-goldene Licht der Laterne des Nachtwächters findet seine Entsprechung in einem kleinen erleuchteten Fenster hoch im obersten Geschoss eines Hauses links.
Siegfried Wichmann fühlt sich durch die geschilderte Situation an eine Beschreibung in den "Nachtwachen nach Bonaventura" von August Klingemann erinnert, einem satirischen Roman, der 1804 anonym erschien. Dort heißt es bezüglich der Ersten Nachtwache:
"Die Nachtrunde schlug, ich hüllte mich in meine abenteuerliche Vermummung, nahm die Pike und das Horn zur Hand, ging in die Finsternis hinaus und rief die Stunde ab, nachdem ich mich durch ein Kreuz gegen die bösen Geister geschützt hatte. Es war eine von jenen unheimlichen Nächten, wo Licht und Finsternis schnell und seltsam miteinander abwechselten. Am Himmel flogen die Wolken, vom Winde getrieben, wie wunderliche Riesenbilder vorüber, und der Mond erschien und verschwand im raschen Wechsel. Unten in den Straßen herrschte Totenstille, nur hoch oben in der Luft hauste der Sturm, wie ein unsichtbarer Geist. Es war mir schon recht und ich freute mich über meinen einsam wiederhallenden Fußtritt, denn ich kam mir unter den vielen Schläfern vor wie der Prinz im Märchen in der bezauberten Stadt, wo eine böse Macht jedes lebende Wesen in Stein verwandelt hatte, oder wie ein einzig Übriggebliebener nach einer allgemeinen Pest oder Sündflut. Der letzte Vergleich machte mich schaudern, und ich war froh ein einzelnes mattes Lämpchen noch hoch oben über der Stadt auf einem freien Dachkämmerchen brennen zu sehen. Ich wußte wohl, wer da so hoch in den Lüften regierte, es war ein verunglückter Poet, der nur in der Nacht wachte, weil dann seine Gläubiger schliefen, und die Musen allein nicht zu den letzten gehörten."
Ein Poet! Auf Spitzwegs wohl berühmtestem Gemälde ist ein solcher in seiner Dachkammer wiedergegeben. Verarmt, über sich den Regenschirm aufgespannt, um die das Dach durchdringende Nässe abzufangen. Ein "armer" Poet, in den Nachtwachen als "verunglückt" bezeichnet. Wenn Wichmanns Vergleich unserer Szene mit Klingemanns "Nachtwachen", die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts großer Popularität erfreuten, zutrifft, dann schließt sich hier ein Themenkreis in Carl Spitzwegs Kunst: 1839 entstand "Der arme Poet", um 1880 "Der Nachtwächter" mit seinem Bezug zum erleuchteten Fenster der Kammer eines armen Poeten. Das vorliegende Gemälde als Summe von Spitzwegs Künstlerleben: Denn auch mit nächtlichen Szenen (wie der "Scharwache" oder dem "Ständchen") ist Spitzweg fest im Gedächtnis der Kunstfreundinnen und -freunde verankert!
Literatur: Vgl. Wichmann, Siegfried, Carl Spitzweg und die französischen Zeichner. Daumier - Grandville - Gavarni - Doré. Ausst.-Kat. München, Haus der Kunst, 23. November 1985 - 2. Februar 1986. Herrsching 1985, S. 499, Kat.-Nr. 712 (mit den technischen Angaben zur größeren Fassung des Themas). - Ders., Spitzweg - Der Nachtwächter (= Reihe für vergleichende und angewandte Kunstgeschichte), Starnberg, 1. Juli 1992. - Ders., Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke - Gemälde und Aquarelle. Stuttgart 2002, S. 486, WVZ-Nr. 1297 (mit Farbabb.): vorliegendes Gemälde. Dort "um 1880" datiert. - "Nachtwachen nach Bonaventura", hg. von Wolfgang Paulsen. Stuttgart 1986, S. 5 f.
Provenienz: Auktion Sothebys, "Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts", München, 9. November 1988, Kat.-Nr. 70. - Süddeutscher Privatbesitz.
Ausstellung: Carl Spitzweg und die französischen Zeichner. Daumier - Grandville - Gavarni - Doré. München, Haus der Kunst, 23. November 1985 - 2. Februar 1986, Kat.-Nr. 712 (lt. Etikett auf der Rahmenrückseite).


SIMILAR AUCTION ITEMS
Loading...